Antisemitismusbeauftragter Spaenle: „Zeit für Klarheit – für jüdisches Leben in Deutschland und praktische Solidarität mit Israel“
MÜNCHEN. Dr. Ludwig Spaenle wurde von der Staatsregierung für die neue Regierungsperiode als Beauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und jüdisches Leben erneut berufen. Er knüpft damit an seiner Erstberufung 2018 an. Angesichts des Terroranschlags auf Israel durch die Hamas und die sich daraus ergebenden Entwicklung in Deutschland und Bayern schlägt Dr. Spaenle zehn Maßnahmen vor, um die Solidarität mit Israel praktisch umzusetzen, Antisemitismus zu bekämpfen und jüdisches Leben in Bayern und Deutschland zu schützen. Unter dem Titel „Zeit für Klarheit“ hat er ein entsprechenden Maßnahmenkatatog vorgelegt.
Neue Zuordnung und neue Aufgaben
Mit der Bestätigung im Amt sind mehrere Veränderungen verbunden.
- Mit der Wiederbestellung wurde der bisherige Aufgabenzuschnitt über die Förderung jüdischen Lebens, den Kampf gegen Antisemitismus, die Erinnerungsarbeit und das geschichtliche Erbe erweitert.
- Die unmittelbare Zusammenarbeit des Antisemitismusbeauftragten mit dem Bayerischen Büro in Tel Aviv wird so ausgestaltet, dass der Antisemitismusbeauftragte unter Beibehaltung der Zuständigkeit in der Staatskanzlei auch fachlich zuständig wird für die Aufgaben des Büros. Dazu wird das Bayerische Büro in Tel Aviv beauftragt, ihn unmittelbar zu unterstützen.“
- Wie bisher bleibt Dr. Spaenle auch der Ansprechpartner für die Sinti und Roma in Bayern.
- Mit der Wiederbestellung erfolgt auch eine neue Zuordnung – nämlich zur Bayerischen Staatskanzlei.
Diese Neuordnung fußt auf einem Beschluss des Bayerischen Kabinetts vom 14. November.
10-Punkte für praktische Solidarität mit Israel und Schutz jüdisches Leben – Verankerung der Förderung jüdischen Lebens im Grundgesetz
„Der Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem 1.400 meist Israelis ermordet und von den Terroristen rund 240 Geiseln genommen wurden, hat für uns in Deutschland und in Bayern unmittelbare Folgen“, so Dr. Spaenle. „Angesichts der Bedrohungssituation jüdischen Lebens hier und im Nahen Osten ist es für Bayern eine zentrale Herausforderung, Solidarität mit Israel zu zeigen und jüdisches Leben in bei uns zu schützen“. Dazu hat Dr. Spaenle zehn konkrete Maßnahmen vorgeschlagen.
- Die Verankerung des Staatsziels „Schutz jüdischen Lebens und Bekämpfung des Antisemitismus“ in der Bayerischen Verfassung und im Grundgesetz.
- Eine Deutschlandinitiative für Israeli – Psychisch und physisch Verletzten sollte ein Deutschlandaufenthalt angeboten werden, als Erholungs- und Rückzugsraum. Spaenle sieht darin „eine konkrete Hilfe und ein praktisches Zeichen der Solidarität mit Israel“. Zudem soll das Deutsch-Israelische Jugendwerk, das gegenwärtig aufgebaut wird, finanziell deutlich besser ausgestattet werden.
- Alle Länder in Deutschland sollten nach bayerischem Vorbild interministeriellen Arbeitsgruppen einrichten, in denen alle Aspekte zur staatlichen Förderung jüdischen Lebens und zur Bekämpfung des Antisemitismus gebündelt werden. Bayern selbst sollte das vorbereitete Kooperationsabkommen mit Yad Vashem rasch unterzeichnen.
- Die deutschlandweite Umsetzung der bayerischen IHRA-Strategie solle nach dem Weg, den Bayern eingeschlagen hat, die Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) diskutieren und annehmen. Die Definition klärt, welche Handlungen und Haltungen antisemitisch sind, und anhand von Beispielen insbesondere, welche Haltung zu Israel vertretbar ist und wo vermeintliche „Israelkritik“ ein Deckmantel für antisemitische Ansichten ist.
- Den Ausbau der Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Gemeinden und Institutionen. Angesichts der aktuellen Lage sollten die Sicherheitsmaßnahmen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Den jüdischen Gemeinden und Institutionen sollten Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit diese usätzliches Sicherheitspersonal beschäftigen können.
- Den Abschluss von Partnerschaften für israelische Gemeinden und Einrichtungen etwa durch große deutsche NGOs (Rotes Kreuz, Feuerwehren, THW, Wohlfahrtsverbände, Handwerk, berufsständische Vereinigungen, Kammern etc.) Für Bayern kann dafür das Büro des Freistaats Bayern für Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie, Bildung und Jugendaustausch, das im Dezember 2017 in Tel Aviv eröffnet wurde, noch stärker als bisher Unterstützung leisten und die strategische Zusammenarbeit zwischen Israel und Bayern fördern.
- Eine klare Distanzierung der Islamverbände vom Terror der Hamas und Förderung interreligiösen Dialogs sowohl mit juden wie auch mit Christen. Ebenso fordern wir dazu auf, von pauschalen Verurteilungen „der Muslime“ abzusehen. Angriffe auf muslimische Bürger und Einrichtungen sind zu verurteilen und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu verfolgen.
- Eine Benennung der BDS-Bewegung als antisemitisch – nach Vorbild des Deutschen Bundestags, der 2019 die Boykottbewegung gegen Israel (BDS: Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen) als antisemitisch verurteilt und konkrete Maßnahmen beschlossen hat. Die Länder könnte hier
- Eine kritische Überprüfung und Verbesserung des Wissensstandes zu Israel im Bildungsbereich. Es herrscht großer Bedarf an besserer Wissensvermittlung zu Antisemitismus, zum Nahostkonflikt sowie zu „Israel today“. Dabei könne die Umsetzung der „Gemeinsamen Empfehlung des Zentralrats der Juden in Deutschland, der Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten und der Kultusministerkonferenz zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule“ (2021) ein wichtiges Instrument sein. Ein praxisnahes Angebot für den Schulbereich hat das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit der Website „Bayern gegen Antisemitismus“ gestartet (https://www.gegen-antisemitismus.bayern.de/).
- Eine Stärkung des Kampfes gegen Antisemitismus im Wissenschaftsbereich. Dazu bedarf es z. B. der örderung der Kompetenzen zu jüdischem Leben und zu Israel.
Das Papier „Zeit für Klarheit“ kann über die Geschäftsstelle des Beauftragten der Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe angefordert und über die Homepage heruntergeladen werden.
Der Sitz der Geschäftsstelle wechselt noch im November von der Jungfernturmstr. 1, 80333 München. zur Prinzregentenstraße 24, 80538 München.