„Bayernweit dramatische Entwicklung antisemitischer Straftaten erfordert konsequentes Handeln – Krude judenfeindliche Ideen erwachsen im Internet und werden auch bei Anticorona-Demonstrationen verbreitet“
MÜNCHEN. „Wir müssen den Kampf gegen antisemitisches Gedankengut und die daraus erwachsenden Straftaten in unserer Gesellschaft verstärken! Im Jahr 2021 ist die Anzahl antisemitischer Straftaten auch im Freistaat noch mal deutlich gegenüber dem Vorjahr gestiegen, nämlich von rund 350 im Jahr 2020 auf 510 im vergangenen Jahr, das sind fast 45 Prozent. Diese dramatische Entwicklung mit ihren Parallelen auf Bundesebene und in vielen Ländern in Deutschland bereitet mir größte Sorgen und verlangt danach, die Arbeit gegen den Judenhass weiter zu verstärken.“ Dies betonte der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, Dr. Ludwig Spaenle, in Reaktion auf die parlamentarische Anfrage an das Innenministerium.
Für Bayerns Antisemitismusbeauftragten hängt der Anstieg der Straftaten erheblich mit kruden Ideen rechtsextremistischer Kräften in Echokammern im Internet wie auch bei Demonstrationen gegen Schutzmaßnahmen vor Coronainfektionen zusammen. Weitere Quellen des Antisemitismus wie islamistische Ideologien sowie fundamentale Israel-Kritik kämen dazu. „Wir dürfen das nicht dulden“, so Bayerns Antisemitismusbeauftragter.
Dr. Spaenle macht aber auch eine positive Entwicklung aus: Bayernweit und bundesweit wachse die Sensibilität in der Gesellschaft, antisemitisches Handeln zu erkennen. Und zugleich nehme die Bereitschaft in der Gesellschaft und in der Politik zu, dem Antisemitismus klarer entgegenzutreten.
Dr. Spaenle sprach sich erneut für eine ganzheitliche gesellschaftliche und staatliche Strategie aus, wie sie derzeit im Freistaat vorbereitet werde. Dazu gehöre entschiedenes Handeln der Zivilgesellschaft mit ihren Verbänden und Organisationen auf der Basis der Definition von „Antisemitismus“ der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA). „Dazu zählen zusätzliche Anstrengungen in der schulischen und außerschulischen Bildung nach dem Prinzip „Wissen gegen Judenhass‘“, so Dr. Spaenle. Und er ergänzte: Eine zeitgemäße Erinnerungsarbeit etwa durch fachlich und pädagogisch gut eingebettete Besuche junger Menschen in KZ-Gedenkstätten und NS-Dokumentationszentren müsse dazukommen. Und dazu zähle auch die konsequente Verfolgung antisemitischer Straftaten durch Polizei und Justiz.