MÜNCHEN. Bayerns Antisemitismusbeauftragter Dr. Ludwig Spaenle fordert Hochschulleitungen und Sicherheitskräfte dazu auf, antisemitischen Aktionen an bayerischen Hochschulen vorzubeugen. Es gehe darum, potentielle Gefahrenlagen bei geplanten Aktivitäten richtig einzuschätzen und im konkreten Fall entschieden zu handeln. „Wo antisemitische Aktionen stattfinden, müssen wir ihnen massiv entgegentreten“, so der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus.
Er fordert zudem eine „öffentliche Stellungnahmen der bayerischen Universitäten und Hochschulen gegen Antisemitismus und Antizionismus.“ Angesichts des Terrorakts der Hamas vom 7. Oktober 2023 gegen Jüdinnen und Juden sei Solidarität mit ihnen von großer Bedeutung. Es könne nicht angehen, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland bedroht fühlen.
Klar ist für ihn auch: „Die Hochschulen sind Orte von freiem und friedlichem Meinungsstreit, von Offenheit in Forschung und Lehre. Wenn aber der friedliche Meinungsstreit in Frage gestellt wird und ein Klima erwächst, in dem jüdische und israelische Studierende und Lehrende ebenso wie diejenigen, die sich mit Israel solidarisch zeigen, eingeschüchtert und teils sogar tätlich angegriffen werden, ist die Toleranzschwelle überschritten. Dann muss der Rechtsstaat eingreifen.“
Zur Vorbeugung an den Hochschulen empfiehlt Dr. Spaenle verschiedenen kurz- und mittelfristige Maßnahmen:
- Um große Wissensdefizite und Fehlinformationen über Israel und Nahost zu beheben, ist ein Ausbau der Israelstudien bzw. der Studien über den Nahen Osten an deutschen Hochschulen wesentlich. Dieser soll nicht nur der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern, sondern auch dem gesamtgesellschaftlichen Diskurs zu diesem wichtigen Schlüsselthema dienen.
- Der Aktionsplan der Kultusministerkonferenz (KMK) zum Umgang mit Antisemitismus und Israelfeindlichkeit vom 7. Dezember 2023 bietet für die Hochschulen eine effektive Orientierung zur Behandlung des Themas Antisemitismus.
- Die Hochschulen sollen ihre Satzungen überprüfen, ob massive Übergriffe mit den bestehenden rechtlichen Mitteln adäquat geahndet werden können. Zu prüfen ist z. B., ob gewaltsame Attacken von Studierenden eine Exmatrikulation nach sich ziehen können. Gegebenenfalls ist eine Anpassung des Hochschulrechts zu prüfen.
- Bei der Anmeldung von Veranstaltungen insbesondere zum Nahost-Konflikt benötigen die Hochschulen eine hohe Sensibilität und Wachsamkeit. Dies könnte die Verpflichtung für Veranstalter einschließen, vorab die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie den geplanten Ablauf genau zu benennen. Der Missbrauch der Hochschulbühne für einseitige politische Veranstaltungen muss verhindert werden.
- Die bayerischen Hochschulen sollen analog zu Justiz, Polizei und einzelnen Einrichtungen wie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Antisemitismusbeauftragte für ihre Handlungsbereiche berufen. Im Fall von antisemitischen Übergriffen sollten die Hochschulen auch die in den meisten Bundesländern installierten Recherche- und Informationsstellen zu Antisemitismus einschalten.